Das LG Magdeburg hatte am 28.04.2011 über einen Fall zu entscheiden, bei dem es zu einer Kollision zwischen einem Einsatzfahrzeug der Feuerwehr und einem PKW gekommen war. Die Fahrerin des PKW machte als Klägerin Schadensersatz für die an ihrem PKW entstandenen Schäden geltend.
Die Klägerin hatte mit ihrem PKW eine kreuzungsfreie Straße mit jeweils zwei Richtungsfahrbahnen befahren, auf der eine Höchstgeschwindigkeit 80 km/h angeordnet ist. Dieselbe Straße befuhren in der gleichen Richtung drei Feuerwehrfahrzeuge mit eingeschaltetem Blaulicht und Martinshorn, die als Kolonne auf dem Weg zu einem Wohnungsbrand mit einer Geschwindigkeit von ca. 80 km/h waren. Die Klägerin wollte nun die Kolonne überholen und wechselte mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h auf die linke Fahrspur. Als eines der Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr wiederum verkehrsbedingt auf der rechten Fahrspur an der Klägerin vorbeizog und auf die linke Fahrspur wechselte, kam es zu einer leichten Kollision mit der vorderen rechten Ecke des Fahrzeugs der Klägerin. Infolge dieses Unfalls ist ihr ein Sachschaden in Höhe von ca. 2.000,00 € entstanden, den sie nun mit der Klage geltend machte.
Das LG Magdeburg wies die Klage der PKW-Fahrerin jedoch ab. Das Gericht war der Ansicht, dass die PKW-Fahrerin mit ihrem Überholvorgang und sonstigem Fahrverhalten gegen die Verpflichtung aus § 38 Abs. 1 S. 2 StVO verstoßen haben, den Einsatzfahrzeugen mit Blaulicht und Einsatzhorn sofort freie Bahn zu verschaffen. Die Kolonne der Feuerwehr befand sich auf dem Weg zu einem Einsatz, bei dem potentiell eine Gefahr für das Leben von Menschen bestand. Das Gericht führte aus, dass Einsatzfahrzeuge der Feuerwehr und Polizei daher in solchen Situationen Sonderrechte haben, die sich aus § 35 StVO ergeben. Sie sind von der Befolgung der Verkehrsregeln in solchen Momenten befreit. Infolgedessen ist der Überholvorgang des Einsatzfahrzeugs der Feuerwehr auf der rechten Fahrspur auch nicht als verkehrswidrig anzusehen. Vielmehr habe die Klägerin durch ihren Überholvorgang die Betriebsgefahr ihres PKWs erhöht und gegen das gegenseitige Rücksichtnahmegebot aus § 1 Abs. 1 StVO verstoßen. Ein Überholvorgang ist nur dann gerechtfertigt, wenn der Überholende die Gesamtsituation der Verkehrsschau überblicken kann und deutlich schneller fährt als der zu Überholende. Allerdings hätte der PKW-Fahrerin klar sein müssen, dass sie mit ihrem Überholvorgang eine erhebliche Gefahrenquelle schafft, da Einsatzfahrzeuge der Polizei und Feuerwehr die vorhandenen Fahrbahnen flexibel nutzen dürfen und müssen.
Um sich in solchen Momenten verkehrsgerecht zu verhalten, sollte man sein Fahrzeug beiseite fahren und notfalls anhalten, um zu beurteilen, ob man das vorfahrtsberechtigte Fahrzeug behindert.
Im Ergebnis haftete die Klägerin allein für die entstandenen Reparatur- und Verfahrenskosten.
[info]Über den Autor: Rechtsanwalt Thomas Brunow Rechtsanwalt für Verkehrsrecht in 10115 Berlin Mitte. Rechtsanwalt Brunow ist Vertrauensanwalt des Volkswagen – Audi Händlerverbandes für Verkehrsrecht e.V. und Mitglied der ARGE Verkehrsrecht in Berlin. Rechtsanwalt Thomas Brunow hilft Geschädigten nach Verkehrsunfällen und Betroffenen nach Verkehrsverstößen (Fahrerflucht, Bußgeld, Fahrverbot u.a.) schnell und unbürokratisch.[/info]