Wer haftet, wenn ein E-Scooter plötzlich umfällt und ein parkendes Fahrzeug beschädigt?
Ein scheinbar einfach zu beantwortender Fall – oder doch nicht? Ein ordnungsgemäß abgestellter E-Scooter fällt ohne äußeres Zutun um und beschädigt ein parkendes Auto. Wer trägt die Verantwortung? Die Antwort ist komplizierter, als man erwarten könnte. Erfahren Sie, wie das Amtsgericht Berlin-Mitte kürzlich in einem vergleichbaren Fall entschied und warum der Halter des beschädigten Fahrzeugs am Ende auf seinen Kosten sitzen blieb.
Der Fall: Ein E-Scooter fällt um und richtet Schaden an
Im vorliegenden Fall stellte eine E-Scooter-Nutzerin ihr Fahrzeug scheinbar ordnungsgemäß am Gehwegrand ab. Dennoch kam es zur Kollision: Der Scooter fiel – aus ungeklärten Gründen – um und beschädigte ein in der Nähe parkendes Auto. Der Eigentümer des beschädigten Fahrzeugs forderte Schadensersatz von der E-Scooter-Nutzerin und ihrer Versicherung. Doch das Gericht urteilte: Das bloße Umfallen des Scooters reicht nicht, um eine Haftung zu begründen.
Warum entschied das Gericht gegen den Schadensersatzanspruch?
Warum haftet die E-Scooter-Nutzerin in diesem Fall nicht? Ein Blick ins Gesetz hilft: Während Autofahrer nach § 7 StVG bereits dann haften, wenn von ihrem Fahrzeug ein Schaden ausgeht – unabhängig von einem Verschulden –, gelten für E-Scooter andere Regeln. Der Grund: § 7 StVG greift nur bei Fahrzeugen, die eine Geschwindigkeit von mehr als 20 km/h erreichen. E-Scooter, die in der Regel langsamer fahren, sind davon ausdrücklich ausgenommen. Das Gericht berief sich auf § 8 Nr. 1 StVG, der Elektrokleinstfahrzeuge von dieser verschuldensunabhängigen Haftung ausnimmt. Auch die verschuldensabhängige Haftung nach § 18 StVG greift hier nicht.
Der Beweis des Verschuldens – eine fast unüberwindbare Hürde
Der Kläger hätte beweisen müssen, dass die E-Scooter-Nutzerin den Scooter fahrlässig abgestellt hat. Ein solcher Beweis gestaltet sich schwierig: Anders als bei typischen Fahrzeugschäden reicht der sogenannte „Beweis des ersten Anscheins“ nicht aus. Das bloße Umfallen des Scooters lässt nicht zwingend auf eine unsachgemäße Abstellung schließen, denn ein Scooter kann durch äußere Einflüsse wie Wind, Passanten oder sogar Vandalismus umgestoßen werden. Ein solcher „typischer Geschehensablauf“, der die Schuldfrage klärt, ist hier schlichtweg nicht gegeben.
Verkehrssicherungspflicht – Besteht eine besondere Verantwortung?
Gibt es eine allgemeine Pflicht, Scooter so abzustellen, dass sie nicht umfallen können? Das Amtsgericht verneinte diese Frage. Es gibt keine Verkehrssicherungspflicht, die verlangt, dass ein E-Scooter derart gesichert werden muss, dass er in jedem Fall stehen bleibt. Solange der Scooter ordnungsgemäß auf dem Gehweg abgestellt wurde, entfällt eine Pflicht, ihn zusätzlich gegen das Umstoßen durch Dritte zu sichern. Das bedeutet für den Geschädigten: Ohne eindeutigen Nachweis eines Verschuldens des E-Scooter-Nutzers besteht keine Aussicht auf Schadensersatz.
Fazit: Schadensersatzansprüche gegen E-Scooter-Nutzer – Ein schwieriges Unterfangen
Die Entscheidung des Amtsgerichts Berlin-Mitte unterstreicht die besondere rechtliche Behandlung von E-Scootern. Diese Fahrzeuge sind nicht wie Autos der verschuldensunabhängigen Haftung unterworfen, und eine Haftung aus Anscheinsbeweis ist kaum durchsetzbar. Geschädigte haben nur dann Aussicht auf Schadensersatz, wenn ein konkretes Verschulden der E-Scooter-Nutzerin nachgewiesen werden kann – ein Vorhaben, das sich in der Praxis als äußerst schwierig erweist.
Diese Rechtsprechung verdeutlicht: Für Betroffene bleibt ein Schadensersatzanspruch bei einem umgestürzten Scooter oft unerfüllt, sofern keine klare Fahrlässigkeit der Nutzer nachgewiesen wird. Unsere Kanzlei empfiehlt daher eine gründliche Analyse und rechtliche Bewertung, um Ihre Erfolgschancen realistisch einzuschätzen und Ihnen die bestmögliche rechtliche Beratung in dieser komplexen Thematik zu bieten.
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