Vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach Fahrerflucht?

Wer eine Verkehrsstraftat -wie beispielsweise Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB oder Fahrerflucht gemäß § 142 StGB- begeht, kann auch schon während des Ermittlungsverfahrens in der Strafsache der Führerschein vorläufig entzogen werden, § 69 StGB. Dies geschieht in der Regel dann, wenn nach der Art und Schwere der Tat zu erwarten ist, dass dem Beschuldigten später im Strafverfahren die Fahrerlaubnis entzogen werden wird. 

Über einen solchen Fall hatte das LG Aurich jüngst in einem Beschluss zu entscheiden (12 Qs 81/12). Hier war der spätere Beschuldigte bei einem Bahnübergang gegen eine Bahnschranke gefahren. Dabei war an dem Schrankenantrieb ein Schaden von 5.600,00 € entstanden. Nachdem dem Beschuldigten zunächst Passanten zur Hilfe geeilt waren, setzte dieser seine Fahrt zu einer Werkstatt fort. Erst 40 Minuten später, nachdem eine Passantin den Unfall bei der Polizei angezeigt hatte, meldete sich der Beschuldigte persönlich auf der örtlichen Polizeidienststelle und gab seine Verantwortung für den Unfall an der Bahnschranke vollumfänglich zu. Das zuständige Amtsgericht hatte dem Beschuldigten daraufhin im laufenden Verfahren den Führerschein vorläufig entzogen.

Dieser Entscheidung trat das LG Aurich in seinem Beschluss vom 06.07.2012 entgegen. Zwar sah das Gericht den Tatbestand der Fahrerflucht als erfüllt an und damit verbunden einen dringenden Tatverdacht gegen den Beschuldigten, der eine vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB rechtfertigen würde. Es würdigte allerdings auch das nachträgliche Aufklärungsverhalten des Beschuldigten. Aus Sicht des Gerichts war der Beschuldigte von Anfang an entschlossen, sich als Unfallverursacher erkennen zu geben und den Schaden zu begleichen. Das LG Aurich sah daher im Ergebnis von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ab.

Es sei allerdings nochmals darauf hingewiesen, dass der Beschuldigte durch das vorzeitige Verlassen des Unfallortes, ohne die Feststellung seiner Personalien zu ermöglichen, den Tatbestand der Fahrerflucht verwirklicht hat. Wegen dieses Vergehens muss er sich weiter vor Gericht verantworten.

Fahrerflucht: Auswirkungen auf die Haftpflichtversicherung

Fahrerflucht

Die Fahrerflucht kann nicht nur strafrechtliche, sondern auch versicherungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Wer nach einem Unfall mit Sachschaden Fahrerflucht begeht, kann zwar diesen Schaden der Gegenseite durch seine Haftpflichtversicherung zunächst regulieren lassen. Allerdings kann diese in der Regel seinen Versicherer, der sich der Fahrerflucht schuldig gemacht hat, in Regress nehmen und den Schadensbetrag zurückverlangen. Denn nach dem [quote align=“left“ color=“#000000″]Wegfall des Versicherungsschutz nach einer Fahrerflucht?[/quote] Versicherungsvertrag werden dem Versicherten bestimmte Handlungs- bzw. Unterlassungspflichten auferlegt. Begeht ein Versicherter eine Fahrerflucht, so stellt dies regelmäßig eine Obliegenheitsverletzung nach dem Versicherungsfall dar, da der Versicherte dann gegen seine Aufklärungspflicht zur Schadens- und Personenfeststellung verstoßen hat.

Über einen solchen Fall hatte das LG Hamburg (331 S 71/10) zu entscheiden. Hier war die Versicherte beim Ausparken mit einem geparkten Fahrzeug kollidiert. Allerdings verständigte sie nicht die Polizei zur Unfallaufnahme, sondern hinterließ eine Visitenkarte in einer Plastikhülle mit Name, Adresse, Kennzeichen und Telefonnummer unter dem Scheibenwischer. Darüber hinaus dokumentierte sie mit ihrem Ehemann den Unfall durch Fotoaufnahmen der Position der Fahrzeuge und den festgestellten Schäden. Die Haftpflichtversicherung regulierte den Schaden der Gegenseite in Höhe von 2.000 €, nahm in der Folge aber die Versicherte für die Kosten in Regress. Das LG Hamburg hatte nun die gewichtige Frage zu klären, ob die Versicherte mit ihrem Verhalten eine Fahrerflucht begangen habe, womit dann auch eine Obliegenheitsverletzung vorläge. Aus Sicht des Gerichts lag jedoch in diesem Fall keine Fahrerflucht vor. Zwar habe sich die Versicherte unerlaubt vom Unfallort entfernt, ohne die Feststellungen zu ermöglichen. Aber durch ihr Verhalten nach dem Unfall habe die Versicherte gezeigt, dass Sie ihre Aufklärungspflicht nicht verletzen wollte. Das Gericht war der Meinung, dass auch ein Polizeibeamter den Unfall nicht besser hätte dokumentieren können. Dadurch konnte ein vorsätzliches Verhalten für die Fahrerflucht nicht nachgewiesen werden.

Der Anspruch der Haftpflichtversicherung wurde daher im Ergebnis abgelehnt. Dennoch ist dieses Urteil mit Vorsicht zu genießen. Nicht jedes Gericht würde das Verhalten der Versicherten genügen lassen, um eine Fahrerflucht abzulehnen. Es ist daher zu empfehlen, den Unfall durch die Polizei aufnehmen zu lassen. Dies vermeidet auch Beweisschwierigkeiten in einem zivilrechtlichen Prozess gegen die Haftpflichtversicherung, wie dieser Fall zeigt.

Fahrerflucht: Zahl der Vergehen in Berlin erhöht sich

Nach 2010 ist die Anzahl von flüchtigen Unfallverursachern in Berlin nochmals angestiegen. Bei insgesamt 130.463 Unfällen erfüllten 28.573 Unfallverursacher den Tatbestand der Fahrerflucht (§ 142 StGB). Das sind 900 Unfallflüchtige mehr als im Jahr 2010. Damit flüchtete jeder 5. Unfallverursacher vom Unfallort. Die Aufklärungsquote sank um 3 Prozentpunkte auf 43 %. „Fahrerflucht: Zahl der Vergehen in Berlin erhöht sich“ weiterlesen

Entzug der Fahrerlaubnis Verkürzung der Sperrfrist

FahrerlaubnisEntzug der Fahrerlaubnis – Verkürzung der Sperrzeit

Bei gröberen Verkehrsverstößen kann ein Fahrverbot oder aber gar der Entzug der Fahrerlaubnis (oftmals fälschlicherweise als Führerscheinentzug bezeichnet) drohen.

Steht eine Verkehrsstraftat im Raum (Fahrerflucht, Trunkenheitsfahrt u.a.) kann das Strafgericht dem Betroffenen neben einer Geld- oder Haftstrafe auch die Fahrerlaubnis entziehen. Dies ist geregelt in den §§ 69 ff. StGB.
Ziel dieser Maßnahme ist es, ungeeignete Kraftfahrer vom Straßenverkehr auszuschließen. Ungeeignetheit liegt bei dem vor, der aufgrund seiner körperlichen, geistigen oder charakterlichen Voraussetzungen nicht in der Lage ist, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher zu führen.

In § 69 Abs. 2 Nr. 1- 4 StGB sind vier Regelfälle vorgesehen, in denen die fehlende Eignung vermutet wird. 

 Hierzu gehören:

  • Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort gem. § 142 StGB (Fahrerflucht)
  • Trunkenheitsfahrt gem. § 316 StGB
  • Gefährdung des Straßenverkehrs gem. § 315 c StGB
  • und der Vollrausch gem. § 323 a StGB

 Sofern dem Betroffenen die Fahrerlaubnis entzogen wird, darf dieser mit Rechtskraft der Entscheidung keine Kraftfahrzeuge führen, für die eine Führerscheinpflicht besteht (auch Mofas). Vielfach wird übersehen, dass bei Entziehung auch mit einem ausländischen Führerschein kein Fahrzeug geführt werden darf.

Das Gericht spricht ferner eine Sperrfrist aus. Hiermit wird festgelegt, dass der Betroffene erst nach einem bestimmten Zeitraum die Fahrerlaubnis bei der Fahrerlaubnisbehörde beantragen darf. Die Sperrfrist kann in der Regel zwischen 6 Monaten bis zu 5 Jahren ausgesprochen werden. Nur wenn gegen den Betroffenen in den letzten 3 Jahren vor der in Frage stehenden Tat bereits eine Sperre angeordnet wurde erhöht sich das Mindestmaß auf 1 Jahr.

 Verkürzung der Sperrfrist

Eine Besonderheit bei der Sperrfrist regelt § 69 a VII StGB. Eine einmal verhängte Sperrfrist kann gemäß  § 69 a Abs. 7 StGB nachträglich verkürzt werden, sofern sich aufgrund neuer Tatsachen, die im Zeitpunkt der Verurteilung noch nicht vorgelegen haben, ergibt, dass der Betroffene nicht mehr zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist.

Das Landgericht Erfurt hat in seiner Entscheidung vom 25. Ma 2011 eine Sperre aufgehoben, da der Verurteilte eine Bescheinigung vorlegte, in welcher ihm die erfolgreiche Teilname an einer verkehrspsychologischen Maßnahme bescheinigt wurde. Die Maßnahme zielte auf die Verbesserung des verkehrsgerechten Verhaltens ab, um die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Trunkenheitsfahrt zu mindern. Ebenso hatte zuvor das Landgericht Berlin entschieden.

Hinweis: Der Antrag auf Wiedererteilung sollte 3 Monate vor Ablauf der Sperrfrist gestellt werden, da Betroffene mit langen Bearbeitungszeiten rechnen müssen. Unter Umständen ist zudem eine Teilnahme an einer MPU erforderlich.Rechtsanwalt Thomas Brunow Rechtsanwalt für Verkehrsrecht in Berlin Mitte. Rechtsanwalt Brunow ist Vertrauensanwalt des Volkswagen – Audi Händlerverbandes für Verkehrsrecht e.V. und Mitglied der ARGE Verkehrsrecht in Berlin. Rechtsanwalt Thomas Brunow hilft Geschädigten nach Verkehrsunfällen und Betroffenen nach Verkehrsverstößen (Fahrerflucht, Bußgeld, Punkte in Flensburg etc.) schnell und unbürokratisch.

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Über den Autor: Rechtsanwalt Thomas Brunow Rechtsanwalt für Verkehrsrecht in 10115 Berlin Mitte. Rechtsanwalt Brunow ist Vertrauensanwalt des Volkswagen – Audi Händlerverbandes für Verkehrsrecht e.V. und Mitglied der ARGE Verkehrsrecht in Berlin. Rechtsanwalt Thomas Brunow hilft Geschädigten nach Verkehrsunfällen und Betroffenen nach Verkehrsverstößen (Fahrerflucht, Bußgeld, Fahrverbot u.a.) schnell und unbürokratisch

mehr Infos: www.verkehrsrecht-24.de

und NEU: www.verkehrsanwaelte-24.de
Tel.: 030 / 226 35 71 13

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Fahrerlaubnisentzug nach Fahrerflucht

Wird jemand wegen einer Verkehrsstraftat verurteilt, kann es zusätzlich unter bestimmten Umständen zu einem Fahrerlaubnisentzug kommen. Im Fall einer Fahrerflucht richtet sich dies nach § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB, wenn zusätzlich ein Mensch getötet oder nicht unerheblich verletzt worden ist oder ein bedeutender Fremdsachschaden entstanden ist. Das Gericht kann gemäß § 111a StPO auch bis zur Verkündung des Urteils die Fahrerlaubnis vorläufig entziehen, wenn dringende Gründe vorhanden sind, die vermuten lassen, dass die Fahrerlaubnis auch nach Urteil entzogen werden wird. „Fahrerlaubnisentzug nach Fahrerflucht“ weiterlesen

Fahrerflucht Strafe

Welche strafrechtlichen Folgen treffen den Unfallverursacher?

Die Fahrerflucht ist im strafrechtlichen Sinne ein Vergehen. In § 142 I StGB ist festgelegt, dass das unerlaubte Entfernen vom Unfallort – wie die Fahrerflucht gesetzlich heißt- mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bestraft wird. „Fahrerflucht Strafe“ weiterlesen

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