Sonderrechte – Schadensersatz nach Verkehrsunfall mit Polizeifahrzeug

Sonderrechte

Urteil vom 08.11.2024: Schadensersatz nach Verkehrsunfall mit Polizeifahrzeug – Sonderrechte

Einleitung
Das Landgericht Köln hat im Fall eines Verkehrsunfalls zwischen einem privaten Fahrzeug und einem Polizeifahrzeug im Einsatz entschieden und am 08.11.2024 ein umfassendes Urteil gefällt. Dieser Fall beleuchtet die rechtlichen Anforderungen an die Nutzung von Sonderrechten und die Sorgfaltspflichten bei Einsatzfahrten. In diesem Artikel fassen wir die Hintergründe, die Entscheidungsgründe und die Bedeutung des Urteils für das Verkehrsrecht zusammen.


Der Unfallhergang: Was war passiert?

Am frühen Morgen des 26.12.2023 kam es im Kreuzungsbereich Komödienstraße/Tunisstraße in Köln zu einem Verkehrsunfall. Ein Polizeifahrzeug, das auf einer Einsatzfahrt unterwegs war, kollidierte mit einem Fahrzeug des Klägers.

Die wichtigsten Fakten:

  • Ampelschaltung: Das Polizeifahrzeug fuhr bei Rotlicht in die Kreuzung ein, während das Fahrzeug des Klägers bei Grünlicht einfuhr.
  • Sonderrechte: Laut Angaben des beklagten Landes waren Blaulicht und Martinshorn aktiviert. Der Kläger und sein Zeuge bestritten dies jedoch.
  • Schaden: Der entstandene Gesamtschaden betrug 3.913,55 Euro. Das beklagte Land regulierte zunächst 60 % des Schadens, der Kläger forderte jedoch die vollen 100 %.

Die Argumente der Parteien

Der Kläger:
Der Kläger machte geltend, dass:

  1. Das Polizeifahrzeug kein Blaulicht oder Martinshorn rechtzeitig aktiviert hatte.
  2. Das Einsatzfahrzeug mit einer unangepassten Geschwindigkeit in die Kreuzung einfuhr.
  3. Die Fahrerin des Polizeifahrzeugs nicht ausreichend sicherstellte, dass andere Verkehrsteilnehmer das Einsatzfahrzeug wahrnehmen konnten.

Das beklagte Land:
Das beklagte Land trug vor, dass:

  1. Die Sonderrechte ordnungsgemäß genutzt wurden.
  2. Die Fahrerin vor der Kreuzung abgebremst und sich vergewissert habe, dass kein Verkehrsteilnehmer gefährdet werde.
  3. Der Unfall trotz aller Vorsichtsmaßnahmen unvermeidbar gewesen sei.

Beweisaufnahme und Sachverständigengutachten

Das Gericht erhob Beweis durch Zeugenaussagen und ein Sachverständigengutachten:

  • Gutachterliche Feststellungen:
    Der Sachverständige stellte fest, dass das Polizeifahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 25-31 km/h unterwegs war. Diese Kollisionsgeschwindigkeit widerlegte die Aussage der Fahrerin, dass sie sich mit Schrittgeschwindigkeit in die Kreuzung „hineintastete“.
  • Zeugenaussagen:
    Der Zeuge des klägerischen Fahrzeugs erklärte, weder Blaulicht noch Martinshorn vor der Kollision wahrgenommen zu haben. Die Aussagen der Polizeizeugen über die Nutzung der Sonderrechte waren widersprüchlich.

Das Urteil: Entscheidung zugunsten des Klägers

Das Landgericht Köln verurteilte das beklagte Land zur Zahlung des vollen Schadensersatzes in Höhe von 756,48 Euro. Die Begründung:

  1. Pflichtverletzung der Polizeifahrerin:
    Das Polizeifahrzeug hätte sich bei der unübersichtlichen Kreuzung mit angepasster Geschwindigkeit vortasten müssen. Auch mit Sonderrechten besteht eine hohe Sorgfaltspflicht.
  2. Fehlender Nachweis der Sonderrechte:
    Das Gericht sah es als nicht bewiesen an, dass Blaulicht und Martinshorn rechtzeitig eingeschaltet waren. Die widersprüchlichen Aussagen der Polizeibeamt:innen reichten dafür nicht aus.
  3. Unvermeidbarkeit der Kollision:
    Der Zeuge des klägerischen Fahrzeugs konnte das Polizeifahrzeug aufgrund der Bebauung und der hohen Geschwindigkeit nicht rechtzeitig wahrnehmen.
  4. Haftungsquote:
    Die Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs trat zurück, da die Pflichtverstöße des Polizeifahrzeugs überwogen.

Bedeutung des Urteils für das Verkehrsrecht

Dieses Urteil setzt klare Maßstäbe für die Nutzung von Sonderrechten:

  • Blaulicht und Martinshorn müssen rechtzeitig und dauerhaft aktiviert sein.
  • Fahrer:innen von Einsatzfahrzeugen tragen eine besondere Verantwortung, auch bei der Nutzung von Sonderrechten. Sie müssen sicherstellen, dass andere Verkehrsteilnehmer die Signale wahrnehmen können.
  • Pflichtverstöße können dazu führen, dass die volle Haftung auf das Einsatzfahrzeug übergeht.

Fazit:
Dieses Urteil des Landgerichts Köln unterstreicht die Bedeutung von Sorgfaltspflichten bei Einsatzfahrten. Verkehrsteilnehmer, die durch Pflichtverstöße geschädigt werden, können ihre Ansprüche mit einer fundierten Rechtsvertretung durchsetzen. Wenn Sie ähnliche Fälle haben oder Fragen zu Verkehrsrecht, Schadensersatz oder Haftungsquoten, stehen wir Ihnen als kompetente Kanzlei gerne zur Seite. Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Beratung!

Haftungsquote bei Unfall: Rechtsabbieger und verbotswidrig querender Radfahrer

Rechtsabbieger

Haftungsquote bei Kollision zwischen Pkw als Rechtsabbieger und querendem, verbotswidrig auf Gehweg fahrendem Radfahrer

In einem bemerkenswerten Urteil hat das Oberlandesgericht die Haftungsverteilung bei einem Unfall zwischen einem Rechtsabbieger und einem querenden Fahrradfahrer, der verbotswidrig einen Gehweg befahren hatte, festgelegt. Das Urteil verdeutlicht die maßgeblichen rechtlichen Grundsätze und die Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile in solchen Situationen.

Ausgangslage

Ein 18-jähriger Fahrradfahrer nutzte mit seinem Fahrrad einen Gehweg, der ausschließlich für Fußgänger vorgesehen war (Zeichen 239 StVO). Mit einer Geschwindigkeit von bis zu 27,5 km/h überquerte er die Straße über einen abgesenkten Bordstein, ohne seiner Wartepflicht nachzukommen. Gleichzeitig bog ein Pkw-Fahrer nach rechts in dieselbe Straße ab und kollidierte mit dem Fahrradfahrer. Der Fahrradfahrer erlitt schwerste Verletzungen.

Gerichtliche Entscheidung zur Haftungsverteilung

Das Gericht stellte fest, dass der Fahrradfahrer ein erhebliches unfallursächliches Verschulden von 75 % trägt. Dennoch wurde dem rechtsabbiegenden Pkw-Fahrer eine Teilschuld von 25 % zugewiesen, da er gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot nach § 1 Abs. 2 StVO verstoßen hatte.

Verschulden des Fahrradfahrers

  • Verbotswidriges Befahren des Gehwegs: Der Gehweg war durch das Verkehrszeichen 239 ausschließlich für Fußgänger vorgesehen. Der Fahrradfahrer hätte die Fahrbahn nutzen müssen und handelte damit grob fahrlässig (Verstoß gegen § 2 Abs. 1, Abs. 5 StVO).
  • Missachtung der Wartepflicht: Der Fahrradfahrer fuhr ohne anzuhalten über den abgesenkten Bordstein auf die Fahrbahn und verletzte damit seine Wartepflicht nach § 10 StVO.

Verschulden des Pkw-Fahrers als Rechtsabbieger

  • Verstoß gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot (§ 1 Abs. 2 StVO): Obwohl der Fahrradfahrer verbotswidrig handelte, hätte der Pkw-Fahrer als Rechtsabbieger bei größerer Sorgfalt den Fahrradfahrer rechtzeitig erkennen und den Unfall vermeiden können. Das Gericht begründete dies mit der technischen Machbarkeit eines rechtzeitigen Schulterblicks, der es dem Pkw-Fahrer ermöglicht hätte, den Gehweg und den querenden Verkehr einzusehen.

Kein Verstoß gegen besondere Abbiege- und Vorfahrtsregeln

  • Der Fahrradfahrer konnte sich aufgrund seines verbotswidrigen Verhaltens nicht auf die besonderen Schutzregelungen der § 8 Abs. 1 oder § 9 Abs. 3 StVO berufen. Diese Vorschriften schützen nur berechtigte Verkehrsteilnehmer.
  • Auch die doppelte Rückschaupflicht (§ 9 Abs. 1 S. 4 StVO) wurde vom Pkw-Fahrer als Rechtsabbieger eingehalten.

Fazit und Relevanz

Das Urteil zeigt, dass auch bei grob fahrlässigem Verhalten eines Geschädigten eine anteilige Haftung des Pkw-Fahrers bestehen kann. Rechtsabbieger müssen stets damit rechnen, dass andere Verkehrsteilnehmer verkehrswidrig handeln könnten, insbesondere in der Nähe von Schulen, Wohngebieten oder anderen sensiblen Bereichen.

Für Radfahrer verdeutlicht das Urteil die schwerwiegenden Konsequenzen von Regelverstoßen: Neben einer erheblichen Mithaftung kann es auch zu einer Reduzierung von Schmerzensgeldansprüchen kommen.

Unsere Kanzlei unterstützt Sie bei der Klärung von Haftungsfragen und der Durchsetzung Ihrer Ansprüche. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie rechtlichen Beistand benötigen.

Bei Prof. Dr. Streich & Partner stehen wir Ihnen als Experten im Verkehrsrecht in Berlin und Brandenburg zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns, um Ihre Rechte durchzusetzen und eine fundierte Beratung zu erhalten.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Thomas Brunow – Verkehrsrechtsexperte in Berlin MitteThomas Brunow Rechtsanwalt für Verkehrsrecht Schadenregulierung

Rechtsanwalt Thomas Brunow von der Kanzlei Prof. Dr. Streich & Partner ist ein erfahrener Fachanwalt für Verkehrsrecht in Berlin und Brandenburg. Als Spezialist auf diesem Gebiet vertritt er seine Mandanten ausschließlich in verkehrsrechtlichen Angelegenheiten. Als Vertrauensanwalt des Volkswagen- und Audi-Händlerverbandes genießt er großes Vertrauen in der Automobilbranche. Zudem ist er Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht.

Schwerpunkte von Rechtsanwalt Thomas Brunow:
– Schadenregulierung nach Verkehrsunfällen: Durchsetzung von Ansprüchen auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.
– Verteidigung in Verkehrsstrafsachen: Spezialisierung auf Fälle wie Trunkenheitsfahrten, Fahrerflucht, Nötigung und Körperverletzung im Straßenverkehr.
– Verteidigung in Bußgeldverfahren Expertise bei Geschwindigkeitsverstößen, Rotlichtvergehen und Fahrtenbuchauflagen.

Rechtsanwalt Thomas Brunow steht seinen Mandanten mit umfassender Fachkenntnis zur Seite und sorgt für eine effektive Vertretung im Verkehrsrecht.

Glättewarnung – Unfall bei Schnee und Glätte – Haftung

Glättewarnung

Glättewarnung und Wintereinbruch – Unfall ohne Winterreifen: Was Sie wissen sollten
Ihre Rechte und Pflichten bei Glätte, Schnee und falscher Bereifung

Der Winter kann Autofahrer plötzlich und unerwartet treffen. Während mancherorts die Sonne scheint, sorgen Glatteis, Schnee und Matsch anderswo für gefährliche Straßenverhältnisse. Wer in solchen Situationen mit Sommerreifen unterwegs ist, riskiert nicht nur Bußgelder, sondern auch den Verlust seines Versicherungsschutzes. Was Autofahrer in puncto Winterreifenpflicht, Glättewarnung, Haftung bei Unfällen und Versicherungsschutz beachten müssen, erfahren Sie hier.


Winterreifenpflicht in Deutschland: Situativ statt starr

In Deutschland gilt keine starre Winterreifenpflicht. Die Straßenverkehrsordnung (§ 2 Abs. 3a StVO) schreibt eine situative Regelung vor: Fahrzeuge dürfen bei Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eisglätte oder Reifglätte nur mit wintertauglichen Reifen gefahren werden.

Als wintertauglich gelten:

  • Winterreifen mit dem Alpine-Symbol (Schneeflocke im Bergpiktogramm).
  • Ganzjahresreifen, sofern sie das Alpine-Symbol tragen.
  • Ältere M+S-Reifen (Matsch und Schnee), die vor dem 1. Januar 2018 produziert wurden. Diese sind noch bis 30. September 2024 zugelassen.

Glättewarnung beachten: Was ist der Witterung angemessen?

Die situative Winterreifenpflicht bedeutet, dass die Bereifung „der Witterung angemessen“ sein muss. Eine Glättewarnung sollte Autofahrer daher immer ernst nehmen, da sie ein klarer Hinweis auf winterliche Straßenverhältnisse ist. Solche Warnungen machen deutlich, dass Fahrzeuge nur mit Reifen unterwegs sein sollten, die:

  • Bessere Fahreigenschaften bei Schnee und Eis bieten.
  • Eine Profiltiefe von mindestens 1,6 mm haben (empfohlen: 4 mm).

Auch wenn die Straße bei Glättewarnung trocken erscheint, sind Sommerreifen häufig ungeeignet. Die Verwendung falscher Reifen erhöht nicht nur das Unfallrisiko, sondern kann auch Versicherungsprobleme mit sich bringen.


Ganzjahresreifen: Eine Alternative?

Ganzjahresreifen sind ein Kompromiss zwischen Sommer- und Winterreifen und bieten Vorteile für Gelegenheitsfahrer oder Städter. Sie eignen sich besonders für Regionen mit milden Wintern. Allerdings:

  • Neu produzierte Ganzjahresreifen müssen das Alpine-Symbol tragen.
  • Ältere M+S-Reifen dürfen nur noch bis Ende September 2024 verwendet werden.

Fehlen die vorgeschriebenen Kennzeichnungen, riskieren Sie Bußgelder und möglicherweise den Verlust Ihres Versicherungsschutzes. Eine Glättewarnung kann zudem zum Maßstab dafür werden, ob der Einsatz von Ganzjahresreifen noch angemessen ist.


Bußgelder bei falscher Bereifung

Wer bei winterlichen Straßenverhältnissen ohne geeignete Reifen unterwegs ist, muss mit empfindlichen Strafen rechnen:

  • 60 € Bußgeld und 1 Punkt in Flensburg für falsche Bereifung.
  • 80 € bei Verkehrsbehinderung.
  • 100 € bei Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer.
  • 120 € bei einem Unfall.

Achtung: Fahrzeughalter können ebenfalls belangt werden, wenn sie die Inbetriebnahme eines Kfz mit unzulässiger Bereifung zulassen – mit 75 € Bußgeld und 1 Punkt.


Grobe Fahrlässigkeit: Wann zahlt die Versicherung nicht?

Wenn ein Unfall bei Schnee oder Glätte passiert, prüft die Versicherung, ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt. Laut Bundesgerichtshof handelt grob fahrlässig, wer „die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt“. Das ist beispielsweise der Fall, wenn:

  • Ein Fahrer bei klar erkennbaren winterlichen Straßenverhältnissen mit Sommerreifen unterwegs ist.
  • Eine Glättewarnung ignoriert wurde, die auf Gefahrenstellen hinweist.

Die Versicherung darf ihre Leistung jedoch nur kürzen, wenn:

  1. Durchgehend winterliche Straßenverhältnisse herrschten.
  2. Der Unfall mit geeigneten Winterreifen hätte vermieden werden können.

Fallbeispiel: Unfall bei Glätte mit Sommerreifen – Ein Urteil mit Einschränkungen

Ein Autofahrer rutschte im Oktober auf der Mannheimer Jungbuschbrücke auf Glatteis in den Gegenverkehr. Obwohl er mit Sommerreifen unterwegs war, entschied das Amtsgericht Mannheim, dass die Regressforderung der Versicherung nicht berechtigt war (Az.: 3 C 308/14).

Die Begründung des Gerichts:

  • Es herrschten keine durchgehend winterlichen Verhältnisse, da umliegende Straßen eisfrei waren.
  • Die Versicherung konnte nicht nachweisen, dass der Unfall mit Winterreifen hätte vermieden werden können.
  • Auch die Wetterlage spielte eine entscheidende Rolle: Die Glätte trat plötzlich und lokal auf, und es lag keine aktive Glättewarnung für das Gebiet vor.

Kein Freibrief für Sommerreifen im Winter

Trotz dieses Urteils ist das Fahren mit Sommerreifen bei winterlichen Straßenverhältnissen keinesfalls risikolos. Zwar gibt es in Deutschland keine generelle Winterreifenpflicht für einen festen Zeitraum, doch die Straßenverkehrsordnung verlangt, dass Fahrzeuge bei Glatteis, Schnee und ähnlichen Verhältnissen nur mit „geeigneter Bereifung“ unterwegs sein dürfen (§ 2 Abs. 3a StVO).

Wer diese Vorschrift missachtet, riskiert nicht nur ein Bußgeld und einen Punkt in Flensburg, sondern läuft Gefahr, bei einem Unfall von der Versicherung in Regress genommen zu werden.

So bewertete das Oberlandesgericht Frankfurt (Az.: 3 U 182/02) das Fahren mit Sommerreifen im Winter als grob fahrlässig. Der betroffene Versicherte musste den Schaden an seinem Fahrzeug vollständig selbst tragen, da die Versicherung berechtigt war, ihre Leistungen zu verweigern.

Wann liegt grobe Fahrlässigkeit vor?

Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonderem Maße verletzt wird – etwa durch offensichtliche Gefahren wie das Fahren mit Sommerreifen auf verschneiten oder vereisten Straßen. In solchen Fällen kann die Versicherung ihre Leistungen anteilig oder sogar vollständig kürzen. Insbesondere dann, wenn eine allgemeine Glättewarnung erfolgt.

Weitere Beispiele für grobe Fahrlässigkeit:

  • Überfahren eines Stoppschilds.
  • Nicht an die Witterung angepasste Geschwindigkeit.
  • Ablenkung durch das Bedienen von Radio oder Navigationsgerät.

Wie Sie Ärger mit der Versicherung vermeiden

  • Reifen rechtzeitig wechseln: Spätestens im Oktober sollte auf Winterreifen gewechselt werden.
  • Reifen prüfen: Achten Sie auf eine Profiltiefe von mindestens 4 mm und das Alpine-Symbol.
  • Versicherungsvertrag anpassen: Viele Kfz-Tarife bieten mittlerweile den Verzicht auf die Einrede der groben Fahrlässigkeit an – ein zusätzlicher Schutz, falls doch einmal ein Fehler passiert.

Auf der sicheren Seite sind Autofahrer, die sich frühzeitig an eine Glättewarnung halten und ihre Reifen entsprechend anpassen. So lassen sich nicht nur Bußgelder vermeiden, sondern auch Streitigkeiten mit der Versicherung im Falle eines Unfalls.

Unser Tipp: Kontaktieren Sie uns, wenn Sie rechtliche Unterstützung bei Streitigkeiten mit Ihrer Versicherung benötigen. Wir setzen uns für Ihre Rechte ein und klären, ob eine Leistungskürzung berechtigt ist.


Winterreifenpflicht in Europa: Uneinheitliche Regelungen

In Europa gibt es keine einheitliche Regelung zur Winterreifenpflicht. In manchen Ländern gelten starre Zeiträume, in anderen nur situative Vorschriften:

  • Österreich: Winterreifenpflicht vom 01.11. bis 15.04.
  • Tschechien: Vom 01.11. bis 31.03.
  • Schweden: Vom 01.12. bis 31.03., zusätzlich Frostschutzmittel und Schneeschaufel im Auto verpflichtend.
  • Belgien, Frankreich, Spanien: Keine generelle Winterreifenpflicht, nur situativ vorgeschrieben.

Die Bußgelder variieren ebenfalls stark: Während in Österreich Strafen von bis zu 5.000 € drohen, belaufen sich diese in Deutschland auf maximal 120 €.


Fazit: Sicher unterwegs trotz Glättewarnung

  • Wechseln Sie rechtzeitig auf Winterreifen oder Ganzjahresreifen mit Alpine-Symbol.
  • Achten Sie auf lokale Gefahrenstellen wie Brücken oder Waldstraßen.
  • Ignorieren Sie niemals eine Glättewarnung – sie schützt Sie und andere Verkehrsteilnehmer.
  • Prüfen Sie Ihren Versicherungsvertrag auf Klauseln zur groben Fahrlässigkeit.

Kontaktieren Sie uns, wenn Sie Ärger mit der Versicherung haben oder Fragen zur Winterreifenpflicht und Haftung bei Unfällen nach Schnee oder Glättewarnung haben. Unsere Experten für Verkehrsrecht stehen Ihnen kompetent zur Seite!

Bei Prof. Dr. Streich & Partner stehen wir Ihnen als Experten im Verkehrsrecht in Berlin und Brandenburg zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns, um Ihre Rechte durchzusetzen und eine fundierte Beratung zu erhalten.

Ihr Ansprechpartner: Rechtsanwalt Thomas Brunow – Verkehrsrechtsexperte in Berlin MitteThomas Brunow Rechtsanwalt für Verkehrsrecht Schadenregulierung

Rechtsanwalt Thomas Brunow von der Kanzlei Prof. Dr. Streich & Partner ist ein erfahrener Fachanwalt für Verkehrsrecht in Berlin und Brandenburg. Als Spezialist auf diesem Gebiet vertritt er seine Mandanten ausschließlich in verkehrsrechtlichen Angelegenheiten. Als Vertrauensanwalt des Volkswagen- und Audi-Händlerverbandes genießt er großes Vertrauen in der Automobilbranche. Zudem ist er Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Verkehrsrecht.

Schwerpunkte von Rechtsanwalt Thomas Brunow:
– Schadenregulierung nach Verkehrsunfällen: Durchsetzung von Ansprüchen auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.
– Verteidigung in Verkehrsstrafsachen: Spezialisierung auf Fälle wie Trunkenheitsfahrten, Fahrerflucht, Nötigung und Körperverletzung im Straßenverkehr.
– Verteidigung in Bußgeldverfahren Expertise bei Geschwindigkeitsverstößen, Rotlichtvergehen und Fahrtenbuchauflagen.

Rechtsanwalt Thomas Brunow steht seinen Mandanten mit umfassender Fachkenntnis zur Seite und sorgt für eine effektive Vertretung im Verkehrsrecht.

Fahrlässige Körperverletzung im Straßenverkehr: Strafen und Rechte

fahrlässige Körperverletzung

Strafe bei Anzeige: fahrlässige Körperverletzung nach Verkehrsunfall

Einleitung

Ein Verkehrsunfall kann weitreichende Konsequenzen haben – nicht nur finanzieller Natur, sondern auch rechtlicher. Wer dabei andere verletzt, muss sich möglicherweise mit einer Anzeige wegen fahrlässiger Körperverletzung auseinandersetzen. Doch wann genau liegt dieser Straftatbestand vor, welche Strafen drohen und wie sollten Sie sich im Ermittlungsverfahren verhalten? Dieser Beitrag liefert Ihnen die Antworten.


Wann liegt bei einem Verkehrsunfall eine fahrlässige Körperverletzung vor?

Die rechtliche Grundlage für die fahrlässige Körperverletzung ist

Strafgesetzbuch (StGB). Dieser Tatbestand liegt vor, wenn eine Person durch Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt eine Körperverletzung verursacht. Dabei unterscheidet das Strafrecht zwei Formen der Fahrlässigkeit:

  1. Bewusste Fahrlässigkeit: Die Person erkennt die Gefahr, vertraut jedoch darauf, dass nichts passiert („wird schon gut gehen“).
  2. Unbewusste Fahrlässigkeit: Die Person erkennt die Gefahr nicht, hätte sie aber bei der gebotenen Sorgfalt erkennen können.

Beispiel: Ein Autofahrer übersieht einen Zebrastreifen und verletzt eine ältere Dame. Hätte er aufmerksam gefahren, wäre der Unfall vermeidbar gewesen.


Welche Strafe droht bei fahrlässiger Körperverletzung im Straßenverkehr?

Nach § 229 StGB reicht das Strafmaß von einer Geldstrafe bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Die genaue Strafe hängt von mehreren Faktoren ab:

  • Schwere der Verletzungen: Leichte Verletzungen führen zu milderen Strafen.
  • Maß der Fahrlässigkeit: Ein geringes Maß kann strafmildernd wirken.
  • Mitverschulden des Verletzten: Dies reduziert die Schuld des Unfallverursachers.
  • Nachtatverhalten: Eine ernstgemeinte Entschuldigung kann strafmildernd wirken.

Ersttäter müssen meist mit einer Geldstrafe von bis zu 30 Tagessätzen rechnen. Die Höhe richtet sich nach dem Nettoeinkommen des Beschuldigten.


Wann wird wegen fahrlässiger Körperverletzung ermittelt?

Fahrlässige Körperverletzung ist ein sogenanntes relatives Antragsdelikt. Das bedeutet, dass ein Strafantrag des Geschädigten erforderlich ist, es sei denn, die Staatsanwaltschaft sieht ein öffentliches Interesse an der Verfolgung. Dies ist besonders bei schwereren Verletzungen, grober Pflichtverletzung oder Alkohol- und Drogeneinfluss der Fall.


Richtiges Verhalten im Ermittlungsverfahren

Wenn gegen Sie ermittelt wird:

  • Schweigen: Machen Sie keine Aussage ohne vorherige rechtliche Beratung.
  • Rechtsanwalt einschalten: Ein Anwalt für Verkehrsstrafrecht kann Akteneinsicht beantragen und die Verteidigungsstrategie mit Ihnen abstimmen.
  • Tadelloses Verhalten: Entschuldigen Sie sich bei den Geschädigten und unterstützen Sie die Schadensregulierung.

Viele Verfahren werden durch eine Einstellung mit oder ohne Geldauflage beendet, ohne dass es zu einer Gerichtsverhandlung kommt.


Fahrverbot, Punkte und weitere Konsequenzen

Neben der Strafe drohen weitere Konsequenzen:

  1. Eintrag ins Führungszeugnis: Erst ab 90 Tagessätzen oder drei Monaten Freiheitsstrafe.
  2. Punkte in Flensburg:
    • Zwei Punkte bei einem Fahrverbot von bis zu drei Monaten.
    • Drei Punkte bei Entzug der Fahrerlaubnis.
  3. Fahrverbot oder Fahrerlaubnisentzug: Insbesondere bei Alkohol- oder Drogeneinfluss wahrscheinlich.

Hat der Verletzte Anspruch auf Schmerzensgeld?

Neben der strafrechtlichen Ahndung bestehen zivilrechtliche Ansprüche des Geschädigten. Schmerzensgeld wird bei schweren Verletzungen von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers gezahlt. Bei Streitigkeiten entscheidet das Zivilgericht über die Höhe des Anspruchs.


Fazit

Fahrlässige Körperverletzung nach einem Verkehrsunfall kann schwerwiegende Folgen haben, von Geldstrafen bis hin zu Fahrverboten und Punkten in Flensburg. Mit einem besonnenen Verhalten und rechtlicher Unterstützung lassen sich die Konsequenzen jedoch oft mildern. Sollten Sie in einen solchen Fall verwickelt sein, zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Die Rechtsanwälte der Kanzlei Prof. Dr. Streich sind Experten im Verkehrsrecht und seit fast zwei Jahrzehnten für Mandanten da. Tausende Verfahren wurden erfolgreich geführt. Profitieren Sie von der Erfahrung und der Expertise.

Bei Prof. Dr. Streich & Partner stehen wir Ihnen als Experten im Verkehrsrecht in Berlin und Brandenburg zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns, um Ihre Rechte durchzusetzen und eine fundierte Beratung zu erhalten.

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– Schadenregulierung nach Verkehrsunfällen: Durchsetzung von Ansprüchen auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.
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Weiternutzungsfall beim Autounfall: Restwert ‚null‘, Gutachten und Versicherungsangebote einfach erklärt

Fahrerflucht

Weiternutzungsfall: Restwert „null“ und Überangebot vom Versicherer – Was Geschädigte und Gutachter nach einem Autounfall wissen müssen – Unfall Berlin

Ein Verkehrsunfall ist oft der Auftakt zu einem rechtlichen Marathon. Ein aktueller Fall wirft dabei eine Vielzahl interessanter Fragen auf: Was passiert, wenn ein Schadengutachten den Restwert eines Fahrzeugs mit „null“ beziffert und der Versicherer dennoch ein Angebot von 2.100 Euro aus einer weit entfernten Stadt vorlegt? Ein Blick in die Details gibt Aufschluss.

Der Ausgangspunkt

Eine Leserin schildert: Nach einem Autounfall stellt der Gutachter fest, dass die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert (WBW) deutlich übersteigen. Er inseriert das Fahrzeug in einer Restwertbörse mit regionaler Begrenzung – das Ergebnis: kein Gebot. Folglich weist das Gutachten einen Restwert von null Euro aus. Der Versicherer jedoch präsentiert ein Angebot aus einer über 300 Kilometer entfernten Stadt – 2.100 Euro.

Der Geschädigte entscheidet sich nach dem Autounfall, sein Fahrzeug verkehrssicher zu machen und weiter zu nutzen. Nach sechs Monaten fordert er vorsichtshalber die 2.100 Euro vom Versicherer ein, doch dieser lehnt ab. Was nun?

1. Die Rechtslage bei Weiternutzung

Die Entscheidung des Geschädigten, das Fahrzeug weiter zu nutzen, bringt rechtlich eine Besonderheit mit sich. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) gibt es in solchen Fällen keinen „Überbietungswettlauf“. Maßgeblich ist der im Gutachten angegebene Restwert (BGH, VI ZR 120/06; VI ZR 217/06; VI ZR 318/08).

Anders verhält es sich bei der Abschaffung des Fahrzeugs. Hier darf der Geschädigte das Gutachten als Grundlage nehmen, der Versicherer kann jedoch ein überhöhtes Angebot geltend machen, solange das Fahrzeug noch nicht verkauft wurde (§ 254 Abs. 2 BGB). Im Weiternutzungsfall entfällt diese Verpflichtung, denn der Geschädigte repariert das Fahrzeug selbst und nutzt es weiter. Ein späteres Zurückgreifen auf Angebote des Versicherers ist nicht möglich, da diese meist zeitlich begrenzt sind.

2. „Sechs Monate“ – Mythos oder Realität?

Wie lange muss der Geschädigte sein Fahrzeug nach einem Autounfall weiter nutzen, um rechtlich abgesichert zu sein? Der BGH hat hier keine abschließende Entscheidung getroffen. Doch ein Blick in die bisherige Rechtsprechung zeigt, dass sechs Monate als ausreichend gelten (BGH, VI ZR 192/05). Die Dauer soll dokumentieren, dass der Geschädigte ein ernsthaftes Interesse an der Weiternutzung hat.

Praktisch betrachtet können die sechs Monate nach einem Autounfall  sinnvoll sein, da sie oftmals schneller vergehen, als der Versicherer oder die Gerichte entscheiden. Geschädigte, die ihre Weiternutzungsabsicht erklären, können jedoch die volle Entschädigung sofort verlangen, sofern kein Gegenbeweis durch den Versicherer erbracht wird (BGH, VI ZB 22/08).

3. Ist das „Null Euro“-Gutachten tragfähig?

Ein „null“-Restwert im Gutachten ist nicht per se problematisch – vorausgesetzt, der Gutachter hat nachvollziehbar gearbeitet. Die Rechtsprechung verlangt, dass der Geschädigte erkennen kann, wie der Gutachter zu diesem Ergebnis gekommen ist. Idealerweise benennt der Gutachter drei Angebote aus dem regionalen Markt und beschreibt seine Suche.

Im geschilderten Fall basiert das Gutachten lediglich auf einem Ergebnisblatt der Restwertbörse mit regionaler Begrenzung und einer kurzen Einstelldauer. Zwar ist das knapp, doch es genügt den Anforderungen, da der Gutachter das Lokalitätsgebot des BGH beachtet hat. Geschädigte können darauf vertrauen, dass dieses Vorgehen tragfähig ist.

4. Das Angebot des Versicherers: Rechtens oder nicht?

Der Versicherer argumentiert, dass sein Angebot über 2.100 Euro beachtet werden müsse. Dieses stammt jedoch aus einer Stadt in der Nähe der Grenze zu Polen, was in der Praxis oft der Fall ist, wenn Restwertbörsen ohne regionale Begrenzung genutzt werden. Der BGH lehnt solche Angebote ab, wenn sie für den Geschädigten unzumutbar sind (BGH, VI ZR 358/18).

Entscheidend ist, dass der Geschädigte das Fahrzeug nach einem Autounfall bei einem ortsnahen Händler in Zahlung geben kann – ein Punkt, den überregionale Restwertanbieter nicht erfüllen. Das OLG München bestätigt dies und sortiert Angebote von Restwertspezialisten aus, selbst wenn sie „örtlich“ erscheinen (OLG München, 10 U 516/22).

Fazit: Für Geschädigte und Gutachter

Dieser Fall zeigt, wie wichtig eine klare Dokumentation und fundierte Entscheidungen sind. Geschädigte sollten sich nicht von „Null Euro“-Gutachten oder überregionalen Angeboten verunsichern lassen. Kfz-Gutachter wiederum sollten ihre Recherche nachvollziehbar gestalten, um das Vertrauen der Geschädigten und der Gerichte zu sichern.

Letztlich bleibt der Grundsatz: Geschädigte nach einem Autounfall dürfen in eigener Regie über ihr Fahrzeug entscheiden – und das sollten sie selbstbewusst tun.

Rettungskostenersatz bei Wildunfällen

Rettungskostenersatz bei Wildunfällen: Urteil des Saarländischen OLG setzt Meilenstein für Versicherungsnehmer

Wildunfälle stellen im Verkehrsrecht eine häufige und oft komplexe Problemstellung dar, insbesondere wenn es um die Regulierung von Schäden durch Versicherer geht. Ein wegweisendes Urteil des Saarländischen Oberlandesgerichts (OLG) vom 23. November 2022 (Az. 5 U 120/21) hat die Rechte von Versicherungsnehmern gestärkt und dabei die Bedeutung des Rettungskostenersatzes gemäß §§ 83, 90 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) in den Vordergrund gerückt.

Das Urteil zeigt, dass auch Maßnahmen zur Vermeidung eines Wildunfalls durch die Versicherung erstattungsfähig sein können, selbst wenn es nicht zu einem direkten Zusammenstoß mit einem Tier kommt. Für Versicherungsnehmer bietet das Urteil wichtige Orientierung, insbesondere bei der Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber ihrer Teilkaskoversicherung.


Der Sachverhalt: Wildunfall ohne direkten Zusammenstoß

Der Kläger, ein Motorradfahrer, war mit seinem Sohn auf einer Landstraße in Frankreich unterwegs. Während der Fahrt erkannte er in einer Rechtskurve mehrere Rehe, die sich am Straßenrand aufhielten und offenbar im Begriff waren, die Straße zu überqueren. Um eine Kollision zu vermeiden, wich der Kläger reflexartig nach links aus. Dabei geriet er auf den Grünstreifen und stürzte.

Durch den Sturz entstanden Schäden am Motorrad sowie an der Motorradbekleidung des Klägers und seines Sohnes. Die Reparaturkosten für das Motorrad beliefen sich auf über 3.500 Euro netto, während die beschädigte Motorradkleidung einen Zeitwert von ca. 2.500 Euro hatte. Der Kläger machte diese Schäden gegenüber seiner Teilkaskoversicherung geltend, die Regulierung wurde jedoch verweigert. Die Versicherung argumentierte, dass gemäß den Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrtversicherung (AKB) ein direkter Zusammenstoß mit Wildtieren erforderlich sei, um Ansprüche geltend machen zu können.

Der Kläger berief sich hingegen auf den Rettungskostenersatz gemäß § 83 VVG. Seine Argumentation: Das Ausweichmanöver war eine gebotene Maßnahme zur Vermeidung eines drohenden Versicherungsfalls und die dabei entstandenen Schäden seien von der Versicherung zu ersetzen.


Rechtsfragen: Voraussetzungen des Rettungskostenersatzes

Das OLG Saarbrücken setzte sich im Berufungsverfahren intensiv mit den rechtlichen Voraussetzungen des Rettungskostenersatzes auseinander. Dabei wurden insbesondere folgende Fragen behandelt:

  1. Wann besteht Anspruch auf Rettungskostenersatz? Nach § 83 Abs. 1 VVG sind Aufwendungen des Versicherungsnehmers, die zur Abwendung oder Minderung eines drohenden Versicherungsfalls notwendig sind, erstattungsfähig. Dies gilt auch dann, wenn die Maßnahmen erfolglos bleiben. Gemäß § 90 VVG sind diese Vorschriften auch im Bereich der Sachversicherung, wie der Teilkaskoversicherung, anwendbar.
  2. Ist ein Zusammenstoß zwingend erforderlich? Das Gericht stellte klar, dass ein Rettungskostenersatz auch dann in Betracht kommt, wenn kein direkter Zusammenstoß mit dem Tier stattgefunden hat. Entscheidend ist, dass das Ausweichmanöver objektiv zur Vermeidung eines drohenden Versicherungsfalls geboten war.
  3. Welche Beweise müssen Versicherungsnehmer erbringen? Der Versicherungsnehmer trägt die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der Rettungshandlung. Dazu gehören insbesondere die Glaubhaftmachung des drohenden Versicherungsfalls und der Gebotenheit der ergriffenen Maßnahmen.
  4. Zählen auch reflexartige Handlungen? Das OLG betonte, dass auch reflexartige Ausweichmanöver als Rettungshandlung anerkannt werden können, solange sie objektiv der Schadensvermeidung dienen. Ein subjektiver „Rettungswille“ des Versicherungsnehmers ist hierfür nicht erforderlich.

Das Urteil des OLG Saarbrücken

Das Saarländische OLG wies die Berufung der Versicherung zurück und bestätigte die Entscheidung des Landgerichts. Der Kläger hatte Anspruch auf Ersatz der Netto-Reparaturkosten für das Motorrad sowie der Zeitwerte der beschädigten Motorradkleidung. Die zentralen Punkte der Entscheidung:

  1. Gebotenheit des Ausweichmanövers: Das Gericht bewertete das Ausweichmanöver des Klägers als objektiv geboten. In der konkreten Situation bestand die Gefahr eines Zusammenstoßes mit den Rehen, deren Verhalten unvorhersehbar war. Das Ausweichmanöver war daher angemessen und erforderlich, um einen drohenden Versicherungsfall zu verhindern.
  2. Glaubwürdigkeit der Schilderung: Die Aussagen des Klägers und seines Sohnes überzeugten das Gericht. Beide schilderten die Situation am Unfallort konsistent und nachvollziehbar. Die Darstellung wurde zudem durch die örtlichen Gegebenheiten und die Aussage eines Landwirts gestützt, der Wildwechsel in der Region bestätigte.
  3. Keine weiteren Gutachten erforderlich: Das Gericht sah keine Veranlassung, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen. Die Einwände der Versicherung, das Ausweichmanöver sei technisch nicht plausibel, wurden zurückgewiesen. Das Gericht argumentierte, dass solche hypothetischen Überlegungen keine ausreichende Grundlage für die Ablehnung der Ansprüche bieten.
  4. Höhe des Schadens: Das Gericht erkannte die geltend gemachten Schäden als angemessen an. Die Reparaturkosten des Motorrads wurden auf Basis eines Gutachtens bestimmt, während die Zeitwerte der Motorradkleidung unter Berücksichtigung eines Abschlags von 20 Prozent geschätzt wurden.

Relevanz des Urteils für Versicherungsnehmer

Das Urteil des Saarländischen OLG ist ein wichtiger Meilenstein im Bereich des Verkehrs- und Versicherungsrechts. Es zeigt, dass:

  • Versicherungsnehmer auch bei Wildunfällen ohne direkten Zusammenstoß Ansprüche auf Rettungskostenersatz geltend machen können.
  • Reflexartige Ausweichmanöver als Rettungshandlungen anerkannt werden, wenn sie objektiv der Schadensvermeidung dienen.
  • Versicherer nicht allein aufgrund des Fehlens eines Zusammenstoßes die Regulierung verweigern dürfen.

Für Versicherte, insbesondere Motorradfahrer, die bei Wildwechseln ein erhöhtes Risiko tragen, bietet das Urteil eine starke rechtliche Grundlage, um Ansprüche gegenüber der Versicherung durchzusetzen.


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Unfälle in solchen Situationen können kompliziert sein, vor allem wenn mehrere Parteien beteiligt sind. Unser erfahrenes Team bei Prof. Dr. Streich & Partner unterstützt Sie dabei, Ihre Ansprüche durchzusetzen oder unberechtigte Forderungen abzuwehren.

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Ein Verkehrsunfall bringt viele Unsicherheiten mit sich: Was ist zu tun? Welche Rechte habe ich? Unsere spezialisierten Rechtsanwälte für Verkehrsrecht stehen Ihnen zur Seite und übernehmen die komplette Schadensregulierung – damit Sie sich keine Sorgen machen müssen. Bei einem unverschuldeten Unfall übernimmt die gegnerische Haftpflichtversicherung die Kosten der anwaltlichen Vertretung, so dass Ihnen keine Kosten entstehen. 


Das Wichtigste nach einem Unfall: Erste Schritte

  1. Unfallstelle absichern:Warnblinkanlage einschalten, Warnweste anziehen und Warndreieck aufstellen.
    • Auf Autobahnen: Hinter der Leitplanke warten.
  2. Notruf absetzen:Europaweite Notrufnummer 112: Feuerwehr, Polizei und Rettungsdienst verständigen.
  3. Erste Hilfe leisten:Bewusstlose Personen in stabile Seitenlage bringen oder Wiederbelebungsmaßnahmen einleiten.
  4. Polizei verständigen, wenn:Hoher Sachschaden, Personenschaden oder Verdacht auf Straftaten (Alkohol, Drogen) vorliegen.
  5. Unfall dokumentieren:Fotos machen, Kennzeichen, Versicherungsdaten und Zeugen notieren.
    • Bei Auslandsunfällen: Europäischen Unfallbericht verwenden.
  6. Unfall der Versicherung melden:Sofort die eigenen Rechte sichern, indem Sie uns als Anwalt einschalten.

Warum anwaltliche Unterstützung direkt nach dem Unfall wichtig ist

Die Kommunikation mit der gegnerischen Versicherung kann kompliziert sein. Fehler können dazu führen, dass Sie:

  • Unbeabsichtigt Schuld eingestehen.
  • Auf Schadensersatzansprüche verzichten.
  • Nachteile bei der Haftungsprüfung erleiden.

Mit uns an Ihrer Seite stellen Sie sicher, dass Sie alle Ansprüche geltend machen und keine Fehler passieren.


Unsere Leistungen bei Totalschaden, Reparaturkosten und Schadensregulierung

Ein Unfall verursacht oft erhebliche Kosten. Wir unterstützen Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche:

  • Totalschaden: Wir klären den Wiederbeschaffungswert und Restwert und sorgen für eine faire Regulierung.
  • Reparaturschäden: Egal ob konkrete Reparaturkosten oder fiktive Schadensabrechnung – wir schützen Sie vor Kürzungen durch die Versicherung.

Wussten Sie? Selbst wenn Reparaturkosten bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen, können Sie das Fahrzeug reparieren lassen. Wir prüfen Ihren Fall individuell und setzen uns für Ihre Rechte ein.


Schmerzensgeld und weitere Ansprüche

Nach Personenschäden haben Sie Anspruch auf mehr als nur Schadensersatz. Unsere Unterstützung umfasst:

  • Schmerzensgeld: Wir berechnen eine faire Entschädigung basierend auf Verletzungsgrad und Heilungsverlauf.
  • Haushaltsführungsschaden: Ersatz für eingeschränkte Haushaltsfähigkeit oder die Kosten einer Hilfskraft.
  • Fahrt- und Behandlungskosten: Alle unfallbedingten Kosten machen wir geltend.

Ihre Vorteile mit unserer Kanzlei

  1. Komplette Schadensabwicklung: Wir übernehmen die gesamte Kommunikation und Organisation – von der Haftungsprüfung bis zur Schadensregulierung.
  2. Höherer Schadensersatz: Studien zeigen, dass Geschädigte mit anwaltlicher Unterstützung deutlich mehr erhalten.
  3. Schnelle Hilfe: Unser erfahrenes Team sorgt für eine zügige und reibungslose Abwicklung.
  4. Die Kosten für die anwaltliche Vertretung übernimmt bei unverschuldeten Verkehrsunfällen immer die gegnerische Haftpflichtversicherung. Ihnen entstehen keine Kosten. 

Antworten auf die wichtigsten Fragen nach einem Unfall

  • Habe ich Anspruch auf einen Mietwagen?
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Unsere Anwälte stehen Ihnen jederzeit zur Verfügung, um diese und andere Fragen zu beantworten.


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Unfall beim Wenden: Haftung und Mitverschulden klären

Unfall beim Wenden: PKW-KOLLISION: Haftung bei Unfall mit einem verkehrswidrig wendenden Auto

Verkehrsunfälle gehören zu den häufigsten Streitpunkten im Verkehrsrecht. Besonders komplex wird es, wenn ein Fahrzeug verkehrswidrig auf der Straße wendet und dabei eine Kollision verursacht. Das Landgericht (LG) Hanau hat in einem aktuellen Fall entschieden, dass beide beteiligten Fahrer eine Mitschuld von jeweils 50 % tragen können – auch der Fahrer, der scheinbar unschuldig in das querstehende Fahrzeug hineingefahren ist.

Der Fall: Unfall durch verkehrswidriges Wenden

Ein Autofahrer wollte auf der Straße verbotswidrig wenden. Während des Wendemanövers hielt er quer auf seiner Fahrbahn an, weil Gegenverkehr herrschte. Ein zweiter Autofahrer näherte sich dem stehenden Fahrzeug auf derselben Fahrbahn. Obwohl er das Hindernis frühzeitig bemerkte und seine Geschwindigkeit verringerte, kam es zu einer Kollision. Der Fahrer des wendenden Fahrzeugs übernahm zunächst 50 % des Schadens. Der zweite Fahrer war jedoch der Ansicht, dass die Schuld vollständig beim Wenden des anderen lag, und verlangte die Erstattung der restlichen Schadenskosten.

Das Urteil: Mitverschulden durch mangelnde Rücksichtnahme

Das LG Hanau wies diese Forderung zurück. Nach Ansicht des Gerichts traf beide Verkehrsteilnehmer eine Mitschuld:

  1. Fehlverhalten des wendenden Fahrers: Der Fahrer des ersten Fahrzeugs handelte eindeutig verkehrswidrig, indem er auf der Straße wendete und sein Fahrzeug quer auf der Fahrbahn stehen ließ. Der Unfall beim Wenden spricht gegen den Wendenden.
  2. Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot: Der zweite Autofahrer hätte die Möglichkeit gehabt, durch vollständiges Anhalten die Kollision zu verhindern. Stattdessen vertraute er darauf, dass der Wendende die Fahrbahn räumen würde, und fuhr in das stehende Fahrzeug hinein. Dies stellt einen Verstoß gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot dar (§ 1 StVO).

Das Gericht wertete die Fehlverhalten beider Fahrer als gleich schwer und legte eine Haftungsteilung von 50:50 fest. Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Was bedeutet das für Autofahrer? Unfall beim Wenden:

Dieses Urteil zeigt, dass auch bei eindeutig verkehrswidrigem Verhalten eines anderen Verkehrsteilnehmers besondere Sorgfaltspflichten gelten. Autofahrer sollten immer darauf vorbereitet sein, ein Fahrzeug durch vollständiges Abbremsen zu vermeiden – auch wenn es sich im Unrecht befindet.

Haben Sie Fragen zu Haftungsfragen oder benötigen rechtlichen Beistand nach einem Unfall? Unsere Kanzlei steht Ihnen mit umfassender Expertise im Verkehrsrecht zur Seite. Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Erstberatung!

Urteil mit Signalwirkung: Linksabbieger trägt volle Verantwortung

Schadenregulierung Verkehrsunfall vorschaden linksabbiegen

Urteil des Landgerichts Berlin – Ein Lehrstück zur Haftung beim Linksabbiegen

Eine Analyse des Urteils vom 28.06.2023 – Az.: 46 O 155/22


Einleitung: Verkehrsunfall und die Frage der Haftung

Verkehrsunfälle beim Linksabbiegen gehören zu den häufigsten Konfliktpunkten im Straßenverkehr. Besonders problematisch wird es, wenn ein Linksabbieger mit einem überholenden Fahrzeug kollidiert. In solchen Fällen entscheidet oft die genaue Analyse der Umstände über die Haftungsfrage. Das Landgericht Berlin hatte im Fall Az.: 46 O 155/22 eine solche Situation zu beurteilen – mit einem Ergebnis, das die Bedeutung von Sorgfaltspflichten eindrucksvoll unterstreicht.


Der Fall: Linksabbiegen in Berlin

Am 25. Februar 2021 ereignete sich der Unfall: Der Kläger befuhr eine Straße in Berlin und wollte als Spitzenfahrzeug einer Kolonne nach links abbiegen. Hinter ihm befanden sich weitere Fahrzeuge, darunter auch das spätere Beklagtenfahrzeug. Dieses überholte die Kolonne links, während der Kläger in die Abbiegespur einfuhr. Die Folge: eine Kollision. Der Kläger wurde verletzt, sein Fahrzeug beschädigt.

Der Kläger forderte Schadensersatz und Schmerzensgeld in erheblichem Umfang – unter anderem für Nutzungsausfall, Gutachterkosten und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten. Die Beklagte, deren Fahrzeug haftpflichtversichert war, hatte bereits auf Basis einer Quote von 2/3 gezahlt, wies jedoch die restlichen Forderungen zurück. Der Grund: Der Kläger habe selbst grob fahrlässig gehandelt.


Das Urteil: Klage abgewiesen

Das Landgericht Berlin entschied gegen den Kläger und wies die Klage vollständig ab. Warum? Die Entscheidungsgründe offenbaren eine akribische Bewertung der Verkehrssituation und des Verhaltens der Beteiligten.

1. Pflichtverletzungen des Klägers

Das Gericht stellte fest, dass der Kläger mehrfach gegen die Sorgfaltspflichten gemäß § 9 StVO verstoßen hat. Besonders schwer wogen zwei Punkte:

  • Fehlende Rückschau:
    Der Kläger hatte weder vor dem Einordnen noch vor dem Abbiegen eine Rückschau durchgeführt. Insbesondere eine zweite Rückschau – kurz vor dem eigentlichen Manöver – war unterblieben.
  • Unzureichendes Blinken:
    Nach eigenen Angaben des Klägers hatte er „geblinkt und sofort abgebogen“. Ein solches Verhalten genügt den Anforderungen an eine rechtzeitige und deutliche Ankündigung der Fahrabsicht nicht.

2. Der Anscheinsbeweis gegen den Linksabbieger

Das Gericht betonte, dass ein Anscheinsbeweis grundsätzlich gegen den Linksabbieger spricht, wenn es zu einer Kollision mit einem Überholer kommt. Der Kläger konnte diesen nicht entkräften.

Besonders überzeugend war die Aussage einer Zeugin, die den Überholvorgang beobachtet hatte. Sie bestätigte, dass das Beklagtenfahrzeug bereits überholte, als der Kläger seinen Abbiegevorgang einleitete.

3. Kein Verschulden des Überholers

Das Beklagtenfahrzeug traf nach Ansicht des Gerichts keine Schuld:

  • Das Überholen war rechtmäßig, da der Kläger seine Abbiegeabsicht nicht rechtzeitig angezeigt hatte.
  • Eine unklare Verkehrslage, die das Überholen verboten hätte, lag ebenfalls nicht vor.

Die Konsequenzen: Wer trägt die Verantwortung?

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger die alleinige Verantwortung für den Unfall trägt. Sein Fehlverhalten wog so schwer, dass selbst die allgemeine Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs nicht berücksichtigt wurde.


Warum dieses Urteil wichtig ist

Das Urteil des Landgerichts Berlin ist ein Lehrstück für die Praxis. Es verdeutlicht:

  1. Die Sorgfaltspflichten beim Linksabbiegen sind essenziell.
    Doppelte Rückschau, rechtzeitiges Blinken und ein sorgfältiger Blick auf den nachfolgenden Verkehr sind unerlässlich.
  2. Anscheinsbeweis im Straßenverkehr:
    Wer nach links abbiegt und einen Unfall verursacht, hat die Beweislast, dass er alle Pflichten erfüllt hat.
  3. Keine leichte Entschuldigung für Fehler:
    Selbst in Situationen, die auf den ersten Blick kompliziert erscheinen – etwa beim Überholen einer Kolonne – wird erwartet, dass Verkehrsteilnehmer ihre Pflichten strikt einhalten.

Fazit: Aufmerksamkeit und Sorgfalt sind unverzichtbar

Das Urteil zeigt, dass Fehler beim Linksabbiegen weitreichende Konsequenzen haben können. Für Geschädigte wie den Kläger bedeutet dies: Eine erfolgreiche Klage setzt voraus, dass man sich selbst fehlerfrei verhalten hat – und dies auch beweisen kann.

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Haftung beim Einfahren: Wer zahlt, wenn ein Radfahrer falsch fährt?

Wer haftet bei einem Zusammenstoß mit einem falsch fahrenden Radfahrer?

Das Landgericht Hanau hat in einem interessanten Fall entschieden, dass Autofahrer beim Einfahren von einem Grundstück in den Straßenverkehr besonders achtsam sein müssen – selbst wenn der Unfallgegner, wie in diesem Fall eine Radfahrerin, gegen Verkehrsregeln verstößt. Lesen Sie hier, warum die Autofahrerin für den Schaden allein haften musste.


Der Unfallhergang

Eine Autofahrerin wollte mit ihrem Pkw von einem Grundstück auf eine Straße einfahren. Durch parkende Fahrzeuge war ihre Sicht auf die Fahrbahn stark eingeschränkt. Auf der Hauptfahrbahn näherte sich zeitgleich eine Radfahrerin, die den kombinierten Rad- und Fußweg, der an der Unfallstelle vorgeschrieben war, nicht nutzte. Stattdessen fuhr sie auf der Straße. Es kam zur Kollision: Das Fahrrad stieß gegen die linke vordere Seite des Pkw.

Die Autofahrerin forderte daraufhin Schadenersatz von der Radfahrerin und argumentierte, dass diese durch die Nichtnutzung des Radwegs ein Mitverschulden an dem Unfall trage.


Die Entscheidung des Gerichts

Das Amtsgericht Hanau wies die Klage der Autofahrerin zunächst ab. Auch die Berufung vor dem Landgericht Hanau hatte keinen Erfolg.

Begründung:

Die Autofahrerin habe gegen das in § 10 StVO verankerte Sorgfaltsgebot verstoßen, das beim Einfahren aus Grundstücken gilt. Dieses verpflichtet den Einfahrenden dazu, die Vorfahrt anderer Verkehrsteilnehmer sicherzustellen – unabhängig davon, ob diese sich regelkonform verhalten.

Ein Mitverschulden der Radfahrerin wurde ausdrücklich verneint, obwohl sie den Radweg entgegen § 2 Abs. 4 StVO nicht benutzt hatte.


Warum keine Mitschuld der Radfahrerin?

Die Entscheidung basiert auf einem wichtigen Grundsatz: Die Pflicht zur Nutzung von Radwegen dient dem Schutz der Radfahrer – nicht dem Schutz von Autofahrern, die aus Grundstücken einfahren. Selbst wenn die Radfahrerin den Radweg genutzt hätte, hätte dies den Unfall nicht sicher verhindert, da sich die Kollisionsstelle lediglich verschoben hätte.


Das bedeutet das Urteil für Autofahrer

Wer von einem Grundstück auf die Straße einfährt, trägt eine hohe Verantwortung. Die Gerichte legen hier den Fokus auf die Sorgfaltspflicht des Einfahrenden. Selbst wenn der Unfallgegner Verkehrsregeln missachtet, entbindet dies den Einfahrenden nicht von seiner eigenen Pflicht, die Straße nur dann zu befahren, wenn keine Gefahr für andere besteht.


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