Das Amtsgericht Düsseldorf (AZ: 27 C 7234/10) hat in seinem Urteil vom 13.05.2011 die einheitliche Rechtsprechung zur Haftungsverteilung bei Unfällen zwischen Linksabbieger und Überholern bestätigt.
In diesem Fall hatte die Klägerin auf der ihr gegenüberliegenden Fahrseite eine Parklücke entdeckt, in die sie einparken wollte. Als sie dafür nach links abbog, kam es zur Kollision mit dem Fahrzeug des Beklagten, der versucht hatte, das Fahrzeug der Klägerin zu überholen. Der Klägerin war durch Reparatur- und Sachverständigenkosten sowie durch einen Nutzungsausfallschaden ein Gesamtschaden in Höhe von 2.157,77 € entstanden. Diesen Betrag machte sie als Schadensersatz geltend.
Nachdem außergerichtlich keine Zahlung erfolgte, legte die Linksabbiegerin Klage beim Amtsgericht Düsseldorf ein.
Die Klägerin hatte in der Verhandlung angegeben, dass sie ihre Geschwindigkeit verlangsamt habe, als sie die Parklücke gesehen hatte. Sie hätte dann den Fahrtrichtungsanzeiger nach links gesetzt und sich über beide Spiegel im Auto nach hinten orientiert, bevor sie den Abbiegevorgang begonnen habe. Nach ihren Angaben war es für sie nicht vorhersehbar, dass der Beklagte sie überholen wolle. Dem entgegnete der Beklagte, dass die Klägerin zwar ihre Geschwindigkeit verlangsamt, sich aber zum rechten Fahrbahnrand hin orientiert habe. Er habe dann zum Überholen angesetzt, weil er davon ausging, dass die Klägerin am rechten Fahrbahnrand auch halten wollte. Als diese plötzlich nach links ausscherte, sei es zur Kollision gekommen.
Im Ergebnis wurde die Klage wurde vom AG Düsseldorf abgewiesen. Bei Unfällen zwischen Linksabbiegern und Überholern spricht der sogenannte Anscheinsbeweis zunächst gegen den links abbiegenden Kraftfahrer. Das bedeutet konkret, dass das Gericht aufgrund der Unfallumstände davon ausgeht, dass der nach links abbiegende Kraftfahrer seine im Verkehr zu beachtende Sorgfaltspflicht beim Abbiegen gemäß § 9 Abs. 1 StVO verletzt hat. Der nach links abbiegende Kraftfahrer muss also Beweise vorbringen, die für ein ordnungsgemäßes Durchführen des Abbiegevorgangs sprechen.
Zwar hatte im vorliegenden Fall die Klägerin als links abbiegende Kraftfahrerin behauptet, ordnungs- und sorgfaltsgemäß abgebogen zu sein. Das Gericht konnte sich von diesen Angaben aber nicht überzeugen, da die sich zum Unfallzeitpunkt im Wagen der Klägerin befindlichen Zeugen nicht bestätigen konnten, wann und in welche Richtung der Blinker gesetzt wurde.
Aufgrund dessen ging das Gericht auch nicht von einer unklaren Verkehrslage gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO aus, wonach das Überholen in solchen Situationen unzulässig ist. Eine unklare Verkehrslage würde nur dann vorliegen, wenn aus Sicht des Überholenden der Vorausfahrende eben rechtzeitig den Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt hätte und der Abbiegevorgang für den nachfolgenden Verkehr erkennbar gewesen wäre. Das Gericht war hier deshalb der Meinung, dass der Überholende den Unfall auch nicht mitverschuldet hatte. Die sogenannte erhöhte Betriebsgefahr des Überholenden hatte daher hinter das Verschulden des pflichtwidrig nach links abbiegenden Kraftfahrers zurückzutreten.
Stud. iur. Nicolas Schaeffer